Skandaløs-Festival
Das Herzstück unserer Arbeit, das Skandaløs Festival, soll eine Plattform für die Begegnung verschiedenster Lebensweisen sein. Stadt und Land, Deutschland und Skandinavien, Jung und Alt sollen sich hier näher kommen. Darüber hinaus bieten unsere Veranstaltungen Raum für Auseinandersetzungen mit gesellschafts- und umweltpolitischen Themen, um so allen Interessierten auf diesen Gebieten die Berührungsängste zu nehmen. Durch die Beteiligung regionaler Akteur:innen und Bürger:innen sowie durch das Einbeziehen der Landschaft und ihren Eigenheiten wollen wir nicht nur eine Veranstaltung in, sondern mit der Region schaffen.
Hülltofter Tief
Seit 2011 findet das Skandaløs Festival alle zwei Jahre am Hülltofter Tief statt – doch 2019 kündigten wir den Abschied von dieser Fläche an. Wie es dazu kam und warum wir 2022 dort wieder das große Wiedersehen feiern konnten, erzählen wir hier.
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Jan 28, 2022
DIE AUSGANGSLAGE
Jedes Jahr auf’s Neue war es unklar: Kann das Skandaløs Festival wieder am Hülltoft Tief stattfinden? Immer wieder führten wir mit den zuständigen Behörden Diskussionen über die Verträglichkeit des Festivals mit den Schutzzielen des angrenzenden Vogelschutzgebietes. Eine langfristige Planung und Sicherheit für das Festival schien so unmöglich.
Unter diesen Voraussetzungen konnten wir keine feste Infrastruktur auf dem Gelände installieren. In der Vorbereitung verlegten wir jedes Jahr meterweise Strom- und Wasserleitungen, konstruierten Brücken, befestigten Wege, schütteten auf – und bauten nach dem Festival alles wieder ab. Diesen enormen Arbeits- und Zeitaufwand konnten nur Ehrenamtliche stemmen. Langfristig können wir darauf nicht bauen. Als Studierende war es für viele von uns einige Jahre lang möglich, für das Festival diese Zeit freizuschaufeln. Doch mittlerweile hat sich die Lebenssituationen der im Verein Engagierten verändert. Nun müssen sich viele die Frage stellen: „Wie viele Wochen meines Jahresurlaubs kann und will ich für dieses Projekt hergeben?“
Was uns auch unzufrieden machte: Obwohl wir uns in einer Region befinden, in der in allen Himmelsrichtungen Windkraftanlagen in den Himmel ragen, mussten wir auf Dieselgeneratoren zurückgreifen. Der Naturstrom zieht nur 200 Meter weiter unten an der Straße vorbei und dennoch war es für uns schlicht unmöglich, diesen ohne eine langfristige Zukunftsperspektive für das Festival anzuzapfen. Als wir 2018 in die Planung für das Skandaløs Festival 2019 gingen, ließen sich diese Umstände trotz enormer Anstrengungen augenscheinlich nicht ändern. Daher entschieden wir uns, insbesondere mit Blick auf unsere eigenen Ressourcen vorerst einen Schlussstrich zu ziehen und uns gedanklich vom Hülltofter Tief zu verabschieden. Deshalb kündigten wir 2019 das fünfte und vorerst letzte Skandaløs Festival am Hülltofter Tief an und wollten es noch einmal richtig krachen lassen.
WAS DANACH GESCHAH
Der Abschied sollte nicht von langer Dauer sein. Nach dem gelungenen Festival 2019 war das Feedback durchweg positiv. Und schon im Winter 2019 führten wir wieder die ersten Gespräche mit der Gemeinde Neukirchen sowie den zuständigen Behörden. Ziel war es, das Festival in Nordfriesland zu erhalten.
Im Zuge dessen sondierten wir im Rahmen einer Standortalternativprüfung, ob es im Amtsgebiet noch andere geeignete Flächen für unser Festival geben könnte. Aber auch der Standort am Hülltoft Tief war auf einmal wieder im Gespräch. Die Gemeinden Neukirchen und Aventoft luden uns ein, uns an ihrem Ortsentwicklungskonzept (OEK) zu beteiligen. In diesem kristallisierten sich sehr schnell mögliche Entwicklungspotentiale für die Fläche am Hülltoft Tief heraus.
Der Grundgedanke ist es, das Gelände im Einklang mit den naturschutzrechtlichen Schutzzielen und in Kooperation mit den anliegenden Gemeinden und der anliegenden Nolde-Stiftung zu einem attraktiven und naturnahem „Freizeit-, Erholungs- und Veranstaltungsort“ auszubauen. Gemeinsam soll das in Mitleidenschaft gezogene Gelände aufgewertet und so umgestaltet werden, dass es vielseitiger und besser genutzt werden kann, ohne die sensible Flora und Fauna vor Ort zu gefährden. Durch die einzelnen Umbauten vor Ort sollen so nicht nur sportliche und kulturellen Aktivitäten sondern auch Naturerlebnisse ermöglicht werden, welche zur Sensibilisierung des Menschen gegenüber den Belangen der Natur beitragen können.
EIN LANGWIERIGES UNTERFANGEN
Voller Motivation und Hoffnung stürzten wir uns im Herbst 2019 in dieses Projekt und verlangten uns, aber auch allen anderen Beteiligten dabei sehr viel ab. Wir fühlten uns dabei immer mehr wie Don Quijote im Kampf gegen die langsamen Mühlen der Bürokratie. Spätestens nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie und dem folgenden Stillstand wurde uns dann aber bewusst, dass dieses Unterfangen kein Sprint, sondern vielmehr ein Ausdauerlauf werden würde. Aufgrund des Rückhaltes aus der Gemeinde Neukirchen und vielen weiteren Engagierten aus der Region und aus dem Verein war aufgeben keine Option. Schließlich konnten wir uns im Laufe des letzten Jahres dann auch über sehr viel Rückhalt aus dem Amt Südtondern und dem Kreis Nordfriesland freuen.
Das Ergebnis ist der Abschluss der Standortalternativprüfung und der Entschluss der Gemeinde Neukirchen, den sehr langwierigen und bürokratischen Prozess der Flächennutzungsplanänderung (F-Plan-Änderung) nun anzugehen. Mit diesen beiden Schritten konnten die ersten Hürden für das gemeinsame Unterfangen überwunden werden. Auch wenn dieser Langstreckenlauf noch sehr zäh und kräftezehrend sein wird, scheint das Ziel in Sicht: Eine langfristige Perspektive für das Skandaløs Festival am Hülltofter Tief zu erhalten. Das steigert unsere Motivation wieder deutlich. Deswegen wird es Zeit, gerade nach diesen zwei Jahren der Entbehrungen, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen und das nächste Kapitel des Skandaløs Festival aufzuschlagen. Mit dem Blick auf die vergangen zwei Jahre freuen wir uns in jeglicher Hinsicht auf „Das Große Wiedersehen“.
Nachhaltigkeit
Festivals sind großartig, atemberaubend, machen Spaß. Es wird gegessen und getrunken, sich im Lichtspektakel verloren, auf dem Teppich aus Sand und Bass getanzt und im See gebadet. Der Alltag geht für kurze Zeit verloren und neue Begegnungen mit Kultur, Natur, mit neuen Ideen und unbekannten Menschen stehen im Vordergrund. Damit wir auch in Zukunft die Utopien von Kultur und Natur gemeinsam genießen können, machen wir uns viele Gedanken, wie wir dabei unseren ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich halten können und unseren sozialen Handabdruck parallel vergrößern können.
Doch wir können nur einen Rahmen schaffen und sind letztlich auf euch angewiesen, denn der größte Impact geht tatsächlich von den Besucher:innen aus.
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Ökologischen Fußabdruck verringern
Ein Festival zu machen heißt, viele Menschen aus unterschiedlichsten Orten an einem Ort zu versammeln und dafür die entsprechend notwendige Infrastruktur für eine begrenzte Zeit aufzubauen. Dies verbraucht natürlich jede Menge Ressourcen und dabei wird auch eine beachtliche Menge CO2 ausgestoßen, wie unsere CO2-Bilanzierung aus 2022 deutlich macht.
Um unseren ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten, setzen wir daher auf folgende Maßnahmen:
Mobilität:
Durch einen kostenlosen Shuttleverkehr zwischen Bahnhof und Festival wollen wir die Anreise mit dem ÖPNV vereinfachen und durch lokale Kooperationen und Absprachen mit Lieferanten auch unsere Transportwege minimieren.
Energie:
Durch die Erschließung von Stromanschlüssen vor Ort können wir für die Veranstaltung auf Dieselgeneratoren verzichten und den nachhaltigen Ökostrom aus der Region nutzen.
Sanitärwesen:
Wir nutzen Trockentrenntoiletten, um die überbleibenden Feststoffe im Sinne der Kreislaufwirtschaft recyclen zu können und vermeiden hierdurch zusätzliches Abwasser, welches wir vor Ort nicht gut entsorgen können. Zudem trennen wir Grau- und Schwarzwasser, um auch die Entsorgung der Abwässer möglichst energieschonend zu gestalten.
Müll:
Dort wo es uns möglich ist, probieren wir Müllproduktion zu vermeiden und trennen den anfallenden Müll so gut wie es geht und wie wir ihn im Nachgang auch gesondert entsorgen können. Dabei sind jedoch auch die Transportwege der Müllcontainer ein nicht unerheblicher Faktor in den Nachhaltigkeitsüberlegungen.
Essen:
Unser Catering für Team und Künstler:innen ist vegetarisch und zu großen Teilen vegan. Auch unsere Foodstände sind größtenteils vegetarisch/vegan. Das angebotene Fleisch darf dann wiederum auch nur von klar genannter und nachvollziehbarer regionaler Herkunft stammen
Sozialen Handabdruck vergrößern:
Doch ein Festival verbraucht nicht nur Ressourcen, sondern setzt auch unglaubliche Energien frei. Wir haben uns auch gerade in diesem Bereich vorgenommen, die richtigen Weichen zu stellen und hoffen, dass wir mit dem Festival einen positiven Impact auf die Besucher:innen sowie alle Mitwirkenden haben. Wir wollen diese Energie also auch dazu nutzen unseren sozialen Handabdruck zu vergrößern.
Dies geschieht durch:
Regionale Kooperation
Dort wo es geht, streben wir sowohl bei Dienstleistungen, als auch programmatisch regionale Kooperationen an und hoffen dadurch, lokale Institutionen zu stärken.
Familienfreundliche Angebote:
Wir wollen ein Festival für alle Altersgruppen sein und somit niemanden ausschließen. Dafür achten wir darauf auch kindergerechtes Programm auf die Beine zu stellen.
Programmatische Nachhaltigkeit:
Durch Workshops, Lesungen, Panels, Installationen oder auch performative Formate sprechen wir gesellschaftsrelevante Themen an und probieren einen Raum für Diskurse zu schaffen.
Repräsentanz auf der Bühne:
Bei der Programmauswahl achten wir darauf auch unterrepräsentierten Gruppen eine Bühne zu geben und versuchen eine möglichst ausgewogene Repräsentanz der Geschlechter auf unseren Bühnen herzustellen.
Festivalhistorie
2024
2022
Nach schwierigen Zeiten eine gute Nachricht: Das große Wiedersehen am Hülltoft Tief zum sechsten Festival! Diesmal neu: auf dem gesamten Infield keine Dixies sondern Trocken-Trenn-Toiletten von Finizio! Außerdem entsteht ein erstes kleines Awarenessteam auf dem Festival und Corona-Test-Konzept für die Crew. Das Meistern dieser Herausforderungen feiern wir unter anderem mit BETTEROV, 01099, NOGA EREZ und alten Bekannten wie VON WEGEN LISBETH und ALLI NEUMANN. Schön, wieder da zu sein!
2019
Während um uns herum der Himmel zusammenbrach, konnten wir unbeschwert und ohne Unterbrechung unser bisher wohl schönstes Skandaløs Festival feiern. Unter dem Motto auf nach Ø-Land sprangen die Crews vom ANDERSWØ, HORST BLAU und RUPLUNDBY mit auf den Zug. Das Radio Ruplundby brachte uns auf den aktuellsten Stand, mit unseren dänischen Nachbar:innen starteten wir ein Projekt zur grenzenlosen Kommunikation und Stadt und Land wurden in Fluss gebracht.
2017
4500 Gäste kommen das erste Mal unter einem Motto zusammen. „Auf zu neuen Ufern“ lautet es. Wir erweitern unsere Palette mit der KLUNTJES-BÜHNE. Hier wird’s intellektuell mit Diskussionen, Aktionen und Vorträgen zu gesellschaftlichen Themen, die uns auf dem Herzen liegen – und danach Jazzmusik. Auf den anderen Bühnen tummeln sich ca. 50 Acts. Mit dabei gute alte Bekannte und neue Highlights wie GIANT ROOKS, FABER, TASH SULTANA, 47 SOUL und SCHNIPO SCHRANKE. Wir verlosen ein 3-monatiges Grundeinkommen und das Wetter macht uns zum ersten Mal die Hölle nass. Was ein Matsch auf dem Gelände.
2015
3800 Gäste erleben, wie die Strandbühne in einen echten Dancefloor verwandelt wird und wie der Horst Blau zum ersten Mal sein Zelt aufschlägt. Uns beehren PARCELS, VON WEGEN LISBETH, ALICE PHOEBE LOU, MONOLINK, THE WANTON BISHOPS und noch viele weitere – zum Beispiel Rüdiger Nehberg, der mit seiner bewegenden Geschichte für Gänsehaut und Tränen sorgt. Das Wetter ist ein Traum, es regnet Applaus vom Campingplatz und heraus kommt ein Aftermovie mit Überlänge. Hach, war das schön.
2013
500 Gäste erleben erstmals das KUCKUCKSNEST, unsere neue Zeltbühne. Hier wird es heiß und eng. MILKY CHANCE haben keine Ahnung, welche Karriere ihnen noch blüht. Friede, Freude, Eierkuchen und bestes Wetter. Außerdem noch mit dabei: SKINNY LISTER, MOVITS! und viele, viele mehr.
2011
1600 Gäste trinken vor windschiefen und halbfertigen Bauten lecker Bierchen und Cocktails am Strand. Wir feiern das erste vogelfreie Festival. BEN HOWARD, KAKKMADDAFAKKA und viele weitere geben sich auf unserer einzigen Bühne die Klinke in die Hand. Wir sind pleite, aber glücklich.